Nagold / Horb / Pforzheim / Böblingen (k-w). Die Zeit des Patriarchen ist vorbei. Wer sein Unternehmen heute erfolgreich führen will, sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, muss ein Teamplayer sein. Ähnlich wie der Fußballtrainer gibt er die Richtung zwar vor, doch sollte er seinem Mitarbeiter als Partner ins Auge blicken. Burkhard Thost war Talkgast des Wirtschaftsforums Süd auf der Landesgartenschau 2012 in Nagold. Details seiner Firmenphilosophie entlockten ihm der Nagolder Flechtwerkgestalter Siegfried Katz und PR-Berater Werner Klein-Wiele aus Horb im Dialogforum „Unter den Linden“.
Die Mitglieder und Freunde des Unternehmervereins, die sich zuvor zu einem Rundgang mit Gästeführerin Brunhilde Volle auf dem Gartenschaugelände getroffen hatten, erlebten in der Wachsenden Kirche einen entspannten und humorvollen IHK-Präsidenten, der sich zu kirchlichen Werten bekannte und das moderne Unternehmen als Familienverbund sieht. „Aber anders als im familiären Umfeld“, sagte Thost, „wird man in ein Unternehmen nicht hinein geboren.“ Der Unternehmer müsse den Spagat zwischen menschlichem Umgang und Wertschätzung auf der einen Seite und einer den Unternehmenszielen dienenden Personalpolitik wagen. Dazu gehörten Regeln, Verhaltenskodex, rechtliche Rahmenbedingungen und Zielorientierung, die es klar zu formulieren gelte. Loyalität und Einsatzbereitschaft leiteten sich von sozialer Verantwortung ab. Erfolg, so Thost, werde auch über Anerkennung und Gerechtigkeit definiert.
Wissen und Bildung nannte der IHK-Präsident als die wichtigsten Kriterien guter Unternehmensführung, die vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Not und fehlender Fachkräfte entscheidende Wettbewerbsvorteile böten. Denn die Arbeitswelt verändere sich angesichts des demografischen Wandels dramatisch. Innovation, Veränderungsbereitschaft und Flexibilität seien mehr denn je gefragt. Der Konsument orientiere sich an Werten und Nachhaltigkeit. Lebensqualität, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Perspektiven in einem gesunden Unternehmen seien beim Mitarbeiter entscheidende Kriterien, wenn er sich für einen Arbeitgeber entscheide. Der Erhalt von Gesundheit und Fitness am Arbeitsplatz sei, angesichts der Arbeit bis 67 Jahre, eine weitere Herausforderung.
Wie in einer echten Familie verlange ein Familienunternehmen nach Vertrauen, Offenheit und Harmonie, aber auch persönliche Verpflichtung, Vergebung und Loyalität. Nur dann könne sich der Mitarbeiter damit identifizieren, sagte Thost, der das Familienunternehmen im Gegensatz zum Großkonzern langfristig aufgestellt sieht.
Mittelständisch geprägt und damit vielfach familienorientiert seien vor allem die Unternehmen im Nordschwarzwald, betonte der IHK-Präsident. In den Betrieben überschaubarer Größe kenne man sich noch persönlich. Daraus ergäben sich besondere Chancen, um mit Werten in Führung zu gehen und gemeinsam den Erfolg zu leben. Denn letztendlich zahle sich eine werteorientierte Partnerschaft für beide Seiten aus: für den Unternehmer, der seine Dienstleistungen und Produkte erfolgreich am Markt platzieren könne, und für den Mitarbeiter, der von diesen gemeinsamen Erfolgen ebenfalls profitiere.
So wird „aus dem Tüftler von einst der Teamplayer von heute“, sagte Burkhard Thost, allerdings auf einem sehr viel höheren Wissensstand, als das noch vor Jahren der Fall war.