Wirtschaftsforum Süd
 
 

Kinder müssen wieder „in“ sein

Landrat Hans-Werner Köblitz hofft auf mehr investive Elemente in der Politik

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CALW (k-w). „Immer nur von einer Legislaturperiode zur nächsten – das hilft uns nicht weiter.“ Landrat Hans-Werner Köblitz kritisierte vor Unternehmern aus den Landkreisen Calw, Freudenstadt, Pforzheim, Böblingen und dem Enzkreis aktuelle und frühere Regierungen: „Auf vielen Gebieten fehlt die Nachhaltigkeit.“

 

„Gute Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik“ war Thema des Diskussionsabends. Die Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung (MIT) Calw/Freudenstadt sowie das Wirtschaftsforum Süd hatten den Calwer Landrat als Referenten gewonnen. „Kommunal- und Wirtschaftspolitik sind eng verbunden“, sagte MIT-Vorsitzender Ulrich Kallfass. Im Hinblick auf die rasante Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kämen dem Standortmarketing und der Bündelung von Expertenwissen auch über den lokalen Standort hinaus als Schnittstellenfunktionen eine immer größere Bedeutung zu. Siegfried Katz, Sprecher des Wirtschaftsforums, betonte die unterschiedlichen Ausrichtungen von MIT als eher politische Gruppierung und Wirtschaftsforum als unternehmerische Vereinigung: „Wie die große Resonanz zeigt, ist das Thema heute für beiden Seiten attraktiv.“

Köblitz: „Wirtschaftsförderung bedeutet nicht, dass der Staat Geld gibt und die Wirtschaft von alleine floriert.“ Vielmehr gehe es um die Schaffung von Rahmenbedingungen wie beispielsweise einer geeigneten Infrastruktur. Genau diese Rahmenbedingungen müssten nachhaltiger gesetzt, anstatt konsumiert müsse mehr investiert werden: „Ein ewiges Heruntervespern können wir uns nicht mehr leisten.“ Dabei kritisierte er den sozialpolitischen Kurs in Deutschland: „Oft laufen wir den Problemen nur hinterher und reagieren populistisch.“ Plastisch beschrieben könne man hinter jeden Rechtsradikalen in Sachsen einen Sozialarbeiter stellen: „Ich habe Zweifel, ob das hilft.“ Mit dem Geld solle man lieber Ausbildungsplätze fördern: „Das wäre investiv gedacht.“ Am aktuellen Wirtschaftsaufschwung merke man deutlich: „Wachstum kann soziale Probleme lösen. Stagnation verschärft sie. Ich glaube nicht, dass die sinkenden Arbeitslosenzahlen auf teure Arbeitsprogramme zurückzuführen sind.“ Der gute Export, Lohnzurückhaltung, die Änderungen in der Steuergesetzgebung – das sind in seinen Augen Gründe für den Konjunkturaufschwung: „Die Sozialpolitik ist es sicher nicht. Im Gegenteil: Die strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt sind nach wie vor nicht gelöst.“

An drei Beispielen machte Köblitz die Bedeutung einer Substitution von Konsum gegen Investition fest – Jugendarbeitslosigkeit, Gesundheit und Pflege, Bildung. „Es ist nicht akzeptabel, dass so viele Jugendliche von Hartz IV leben. Das ist kein schöner Start ins Leben, bedeutet Transferzahlungen und belastet die öffentlichen Haushalte.“ Vor allem junge Alleinerziehende hätten oft keine Möglichkeit zu arbeiten. Köblitz: „Die wahre Kinderarmut ist die geringe Reproduktionsrate von 1,33 Kindern pro Frau. Wir müssen es schaffen, Kinder nicht als Belastung, sondern als den größten Reichtum zu begreifen.“ Das Landratsamt Calw lege darauf größten Wert: beispielsweise durch ein sechswöchiges Sommerferienprogramm für Mitarbeiterkinder und flexible Arbeitszeiten. Auch die Ganztagesbetreuung stehe oben auf der Agenda. Diese Modelle erhofft sich Köblitz auch in Unternehmen: Das Anreizsystem müsse passen. Kinder müssten wieder „in“ sein.

„Beitragserhöhungen und die Ausweitung der Leistungstatbestände sind keine nachhaltige Lösung im Gesundheitssystem“, betonte Köblitz, der für einen Systemwechsel hin zur Kapitaldeckung plädiert. Auch ein Rechtsanspruch gegen Pflegeheime sei das völlig falsche Signal: „Das schwächt funktionierende gesellschaftliche Strukturen.“ Langfristige Risiken sieht Köblitz in den „zunehmenden kognitiven und sozialen Defiziten der Jugendlichen“. Im Schulsystem müsse man den Wettbewerb deutlich verstärken: „Der Ausweg ist nicht die Gesamtschule. Die Bundesländer mit diesem System haben bei PISA am schlechtesten abgeschnitten.“

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