Calw / Freudenstadt / Böblingen (k-w). Was Steuergelder in die öffentlichen Kassen treiben soll, muss nicht unbedingt gut für die deutsche Wirtschaft sein. Darin waren sich die Teilnehmer der Veranstaltung des Wirtschaftsforums Süd bei der Industrie- und Handelskammer in Überberg einig. Denn die Fachanwälte Curt Volle und Markus Kilb von der Stuttgarter Kanzlei Volle & Kollegen mussten ihren Zuhörern Wermut ins Feierabendbier gießen.
Der Staat profitiere auf den ersten Blick zwar von der Aufhebung der Steuerfreiheit für betriebliche Abfindungen, sagte Volle, doch damit sei seit 1. Januar 2006 auch der „echte Anreiz“ für jegliche gütliche Einigung eingedämmt. Es sei denn, der Arbeitgeber sattle finanziell wieder mal eins drauf, bevor sich ein Arbeitsverhältnis für beide Seiten unbefriedigend in die Länge ziehe. Den Unternehmern riet Volle, sich künftig noch akribischer auf Arbeitsprozesse vorzubereiten.
Auch das neue, allgemeine Gleichbehandlungsgesetz werde nicht das erfüllen, für was es ursprünglich gedacht war: die wirkliche Diskriminierung von Mitmenschen im Keim zu ersticken. Der deutsche Gesetzgeber habe wieder wahre Gründlichkeit walten lassen und sei deutlich weiter in der Auslegung gegangen als die Vorgaben der Europäischen Union. Schadensersatzklagen drohten schon bei kleinsten Bewerbungsgesprächen. „Da heißt es für Sie als Arbeitgeber nur: Höchste Vorsicht ist geboten“, betonte Volle, „enthalten Sie sich allem, was geht, denn da kommt noch einiges auf uns zu.“ Was ihn besonders wundere, sei der Eifer, den die CDU an den Tag gelegt habe, wo sie doch das Antidiskriminierungsgesetz der Vorgängerregierung in Bausch und Bogen abgelehnt habe, obwohl der Wortlaut fast identisch sei.
Der Gipfel der Gesetzesnovelle sei das eigene Klagerecht des Betriebsrates, was auf jeden Fall zu finanziellen Lasten der Arbeitgeber gehe. Weitreichende Folgen hätten die Regelungen zur Freistellung von Arbeitnehmern nach deren Kündigung, weil diese neuerdings dann nicht mehr sozialversichert seien. Einziger Lichtblick für Unternehmer: Private Internetnutzung am Arbeitsplatz ist so gut wie immer kündigungsrelevant, wenn größere Datenmengen unerlaubt abgerufen werden.
Dass man als Unternehmer sein Geld nur zurückholen muss, wenn man über Jahre von der Sozialversicherung fälschlich für seine mitarbeitenden Angehörigen zur Kasse gebeten worden ist, ist ein Trugschluss, mit dem Markus Kilb aufräumte. Ohnehin sei nur zum Teil eine Auszahlung der irrtümlich eingezahlten Beiträge lohnenswert, dessen Löwenanteil die Rentenversicherung einnehme. Doch Vorsicht ist geboten: Lässt man das Einbezahlte für später stehen, kann es trotzdem sein, dass man im Rentenalter leer ausgeht, weil wegen nachgewiesener Selbstständigkeit eventuell kein Anspruch auf Auszahlung besteht. Deshalb sei es ratsam, im Zweifelsfall einen Fachanwalt zu Rate zu ziehen, der genau beurteilen könne, ab wann sich der Kampf um die Rückzahlung lohnt.
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